Freitag, 19. März 2010
Wo liegt Bundesbern?
Es scheint, es sei eine Bewegung im Gange, die altehrwürdige Kapitale des Standes Bern mittels multimedialer Apotheose über sich selbst zu erhöhen und zum virtuellen Ort zentralstaatlicher Politik zu machen: Bundesbern. Leider haben sogar die bundespolitischen Redaktoren der NZZ sich diesen modisch-billigen alliterativ-tautologischen Pleonasmus unreflektiert zu eigen gemacht, in der heutigen Ausgabe gleich in dreifacher Ausfertigung. Aktuell findet Google zwar erst 12'900 Exemplare dieser sprachlichen Verirrung, und mangels Suchvolumen ist es noch zu früh, um einen Trend feststellen zu können. Eine Schwalbe macht also noch keinen Frühling, genauso wenig wie Bundesbern den Bund. Lassen wir das also.
Sonntag, 14. März 2010
Papier oder nicht Papier, das ist die Frage
Es ist soweit, die Erneuerung des NZZ Abos steht an. Angesichts des in rund einem Monat auch hierzulande verfügbaren iPads habe ich beschlossen, die Erneuerung auszusetzen. Diese Entscheidung ist mir nach Jahrzehnten ununterbrochener NZZ-Lektüre nicht leichtgefallen, hat aber folgende Gründe:
- Mein Medienkonsum hat sich durch das Internet stark verändert. Aus der gedruckten Zeitung erfahre ich praktisch nichts Neues mehr, der Mehrwert (abgesehen vom Brandwert des Altpapiers) ist daher relativ gesunken. Mit dem iPad wird zudem eine frühstückstaugliche Konsumplattform verfügbar, die es in dieser Art bisher noch nicht gegeben hat.
- Das oft angeführte "taktile Erlebnis" Zeitung ist für diesen Konsumenten wertlos: grossformatige Zeitungen halte ich für umständlich und unpraktisch. Zudem sind sie aufwendig in der Entsorgung (Ausnahme s. oben).
- Das in der Schweiz offerierte online-Angebot relevanter Titel beschränkt sich auf pdf-Ausgaben der gedruckten Zeitung und ist damit für den versierten online-Konsumenten unattraktiv, da weder Interaktion noch Multimedia geboten wird. Zudem sind sie gegenüber der Print-Ausgabe überteuert (siehe Tabelle): Vermutlich werden nur die eingesparten direkten Kosten (Papier, Distribution) weitergegeben, aber nicht die Kapitalkosten der Druckerei. Diese bin ich nicht bereit mitzufinanzieren.
Print+ | Online | Differenz | Art | |
BaZ | 368 | 276 | 25 % | ePaper |
Finanz und Wirtschaft | 305 | 225 | 26 % | ePaper |
NZZ | 512 | 368 | 28 % | ePaper |
Tagesanzeiger | 374 | 176 | 53 % | ePaper |
The Economist | 235 | 99.75 | 58 % | web |
Financial Times | 1286 | 530 | 59 % | web |
Wall Street Journal | 300 | 109.2 | 64 % | web |
Bin ich daher als NZZ-Kunde verloren? Nein! Ich werde als zahlender Kunde zurückkehren, sobald ein attraktives online-Angebot verfügbar ist. Attraktivität bedeutet, dass das online-Produkt die journalistischen Qualitätscharakteristiken der NZZ behält, aber alle Möglichkeiten des neuen Mediums nutzt und preislich vernünftig ist. Die Messlatte für die Attraktivität sind einmal mehr angelsächsische Produkte wie WSJ und Economist, die echte online-Produkte zu einem vernünftigen Preis bieten.
Ich hoffe darauf, bald wieder NZZ-Abonnent werden zu können!
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